Depression

Mittlerweile ein allzu häufig benutztes Wort, ein Wort, das nichts anderes als Dunkelheit und Lebensunlust beschreibt. Depressive Menschen gab es wahrscheinlich schon immer, vielleicht wurden sie früher nur nicht als solche wahrgenommen. Vielleicht aber sind es auch mehr geworden, die darunter leiden.

Menschen sind nun einmal keine Maschinen, die ihre Funktionalität ständig und ohne Pause abrufen können. Menschen sind soziale, ganzheitliche Wesen die ihre Pausen brauchen und eigentlich einen eigenen inneren Rhythmus haben.

In unserer durchgetakteten Welt ist das schwer zu realisieren.
Sicher ist unsere Zivilisationsform nicht der Grund für eine Depression, wohl aber ein Grund dass die Heilung langwierig und schwer ist. Rückverbindung zur Natur wird immer schwieriger, Familienstrukturen und das damit verbundene "Nest" fehlen oft. Leistung und Funktionalität stehen über Freiheit und Eigenverantwortung.

Wenn nun Menschen aber tatsächlich ganzheitliche Wesen sind, müssen sie auch die Möglichkeit haben, danach zu leben und damit ihrer eigenen Enge zu entfliehen.
Denn Depression ist auch Enge.

Nachhaltige Heilung bedeutet also, während und nach den Behandlungen etwas im persönlichen Leben zu verändern, für Raum zu sorgen, damit Freude und Lebendigkeit wieder einen Platz bekommen.

Menschen haben etwas, das meist mit dem Wort "beseelt" umschrieben wird, sie sind eben nicht nur Verstand und Fleisch. Meiner Meinung nach ist der Hauptaspekt um Depression zu heilen im Seelischen zu suchen. Seele drückt sich immer auch im Körperlichen aus, deshalb ist es nicht ausreichend nur auf seelischer Ebene zu arbeiten, auch die körperlichen Abdrücke der Depression gehören berücksichtigt, ebenso die Wertigkeit des persönlichen Empfindens und Verstehens.

Wenn man also Depression heilen will, geht es nicht ohne umfassende, ganzheitliche Betrachtungsweise. Wo und wie man nun damit beginnt, sollte individuell und auf den Betroffenen abgestimmt sein. Ist es zunächst das Wort, das hilft, und wenn welches? Ist es das Einwirken über das Körperliche, z.B. Rezeptoren im Gehirn zu verändern oder ruhig zu stellen? Oder ist es zunächst die Heilung der Seele? Wo auch immer man beginnt, es muss übergreifend sein, dann ist Depression oft in einem überschaubaren Zeitraum zu heilen.

In dem Wort Depression stecken viele Gesichter, die Medizin unterscheidet verschiedene Formen. Den Schamanen interessieren diese Formen nicht, ihn interessiert das aktuelle Gesicht, das heutige, so wie sich das Ungleichgewicht in diesem Moment zeigt.

Das gehört geheilt, aber linear betrachtet, im "Gestern", ohne dass der Mensch die Ursache der Depression noch einmal erleben muss. Oder anders, das "Gestern" gehört geheilt und zwar im "Gestern", nicht im "Heute". Im "Heute" gehört die Heilung eventuell noch einmal manifestiert, aber nur im stofflichen Bereich des Betroffenen. Der seelische Aspekt kennt Raum und Zeit nicht, der körperliche aber sehr wohl.

An dem Punkt schließt sich nun wieder ein eher leidiger Kreis, eben der Zustand unserer Gesellschaft.

Spirituelle, therapeutische oder medizinische Arbeit finden oft ihre Grenzen im sozialen Lebensstil und an der weltlichen Machtlosigkeit des Betroffenen wenn es um Veränderungen, und seien sie auch klein, in seinen Lebensbedingungen geht. Viel zu starr ist unsere Gesellschaft, zu groß die Angst es nicht zu packen, durchzufallen.

Grundsätzlich glaube ich, dass ein guter Heiler Depression in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum heilen kann und auch motivierend genug ist, seinen Klienten dabei zu helfen, Lebendigkeit und Freude wieder zu entdecken. In „einem Ruck" gelingt das allerdings meist nicht. Viel zu groß der Zweifel des Betroffenen, zu groß oft die Angst, auch die Lähmung des Empfindens.

Aus meiner Praxis weiß ich dass öfter schon zwei Termine ausgereicht haben um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Meist gelang dies aber nur, wenn das "Außen" stimmte, der Rahmen in dem der Mensch sich befindet und befand, wenn genügend Raum da war, aber und vor allem auch wenn der Mensch echte Liebe in sich trug und trägt.

In letzter Zeit habe ich ungewöhnlich viele Klienten mit der Diagnose "Depression " behandelt. Üblicherweise haben meine Klienten die unterschiedlichsten Krankheiten, schwere und einfacher zu lösende Anliegen.

Wenn das der Fall ist, ist für mich alles im Lot, besteht keine Notwendigkeit über das Heilerische hinaus, etwas zu tun.

So aber wird für mich der Zusammenhang zwischen Krankheit und Gesellschaft immer drastischer und ist am Beispiel Depression sehr gut sichtbar zu machen, was unsere Gesellschaft immer mehr versäumt zu tun.

Und das ist ganz einfach zu beantworten - tatsächlich zu leben.